Weit verbreitet, aber oft unerkannt: Viele Frauen leiden an einer Endometriose, – oftmals ohne überhaupt davon zu wissen oder die richtige Diagnose gestellt zu bekommen. So ging es auch MABYEN Gründerin Manuela. Erst nach zwei Jahren Beschwerden konnte ein Arzt ihr sagen, woran sie litt und ihr so helfen. Denn ist die Diagnose einmal gestellt, kann die Erkrankung meist gut im Rahmen von individuellen Therapiemaßnahmen behandelt werden. Endometriose ist ein wichtiger Grund für einen unerfüllten Kinderwunsch und starke Schmerzen während der Menstruation. Viele Frauen haben die Krankheit, ohne es zu wissen. Bei dieser gynäkologischen Erkrankung "verirren" sich Zellen, ähnlich der Gebärmutterschleimhaut, im Bauchraum, z.B. außerhalb der Gebärmutter, in den Eierstöcken und auch an der Blase. Die Herde wachsen parallel zur Gebärmutterschleimhaut und bluten auch - da das Blut allerdings nicht abfließen kann, bilden sie auch oft Zysten.
Die Diagnose dieser Krankheit dauert oft lange und oft wird dafür eine Bauchspiegelung benötigt. So entstand der Gedanke zu einem Blogartikel über dieses wichtige Thema und der Kontakt zu Dr. med. Harald Krentel, der sich zu einem Interview und Beantwortung unserer Fragen zu Ursache, Symptomen, Folgen und Therapie von Endometriose bei betroffenen Frauen bereit erklärte.
Würden Sie sich zum Einstieg uns und unseren Leserinnen und Lesern kurz vorstellen?
Mein Name ist Harald Krentel. Ich bin Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Gynäkologische Onkologie und Senologie am Bethesda Krankenhaus in Duisburg und Spezialist für minimalinvasive gynäkologische Chirurgie, Endometriose und gynäkologische Onkologie. Neben meiner Tätigkeit in Duisburg bin ich Generalsekretär der Europäischen Endometriose Liga, Lehrbeauftragter der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg, Gastprofessor der peruanischen Universität Cayetano Heredia in Lima und medizinischer Direktor eines Ausbildungsinstitutes für gynäkologische Chirurgie in Peru.
Ich bin verheiratet und habe drei Kinder und zwei Hunde.
Sie sind Spezialist auf dem Gebiet der Endometriose und planen die Gründung eines Endometriose-Zentrums – wie kam es dazu?
Die Endometriose ist eine weit verbreitete, aber auch sehr unterschätzte Erkrankung, die zudem oft nicht erkannt und diagnostiziert wird. Seit Beginn meiner operativen Tätigkeit als Assistenzarzt haben mich die teils schweren Erkrankungsverläufe bewegt und ich sah die Notwendigkeit, zur weiteren positiven Entwicklung beizutragen.
Auch hier in Duisburg wird ein zertifiziertes Endometriosezentrum gebraucht – den Antrag werden wir im Bethesda noch in diesem Jahr stellen.
Was genau ist eine Endometriose? Wie entsteht die Erkrankung und was sind die Ursachen dafür?
Als Endometriose wird das Auftreten von Gewebe an verschiedenen Stellen des weiblichen Unterleibes beschrieben, das die Schleimhaut der Gebärmutter (Endometrium) ähnelt. Die Endometrioseherde können am Bauchfell, den Eierstöcken, den Eileitern, an der Harnblase, am Enddarm und der Scheide, oder seltener auch außerhalb des kleinen Beckens auftreten.
Wann es im Verlauf des Lebens einer Frau dazu kommt und wieso dies geschieht, ist nicht abschließend geklärt. Es gibt verschiedene Theorien – wahrscheinlich ist, dass viele verschiedene Faktoren wie Genetik, Immunologie, Hormonsituation etc. eine Rolle spielen.
Da die Ursache nicht eindeutig klar ist, gibt es leider auch noch keine kausale Therapie.
Wer ist von Endometriose betroffen? Wie viele Frauen leiden an der Erkrankung?
Die genauen Zahlen sind nicht bekannt. Möglicherweise ist jede siebte Frau im geschlechtsreifen Alter von Endometriose betroffen. Es ist also eine Erkrankung, die Frauen in der Phase zwischen der ersten und ihrer letzten Periode betrifft. Allerdings sind die Verläufe sehr unterschiedlich in ihrer Ausprägung und Symptomatik.
Wie erkennt man eine Endometriose? Was sind die Anzeichen und wie sehen die Symptome aus?
Typische Symptome sind regelbedingte Unterleibsschmerzen – die sogenannte Dysmenorrhoe, Schmerzen beim Wasserlassen, beim Stuhlgang oder auch beim Geschlechtsverkehr. Weitere mögliche Symptome sind Blutungsstörungen, Schmerzen außerhalb der Regelblutung, Blähbauch und Verdauungsbeschwerden. Ein weiteres häufiges Problem ist die ungewollte Kinderlosigkeit, also eine Einschränkung der Fruchtbarkeit durch die Erkrankung.
„Einfach nur” starke Monatsblutung oder Endometriose – wie erkennt man den Unterschied?
Das ist eine gute Frage und nicht leicht zu beantworten. Die Einnahme von Schmerzmitteln, die Intensität der Schmerzen, die Auswirkungen auf den Alltag können hier Maßstab sein. Oftmals kann die Erkrankung durch Untersuchung und Ultraschall nicht erkannt werden, besonders dann nicht, wenn die Herde noch sehr klein sind. Dennoch können sie vorhanden sein. Wenn also die Regelschmerzen zu dominant werden, sollte auf jeden Fall eine Abklärung in einem Zentrum erfolgen.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Ein wichtiges Element der Diagnostik ist das Zuhören. Patientinnen mit Endometriose beschreiben sehr häufig ähnliche Leidenswege, daher kann ein ausführliches Gespräch hier schon wichtige Anhaltspunkte liefern. Die gynäkologische Untersuchung in Kombination mit der transvaginalen Ultraschalluntersuchung kann dann den Verdacht erhärten. Eine sichere Diagnose liefert letztlich aber oftmals erst die Laparoskopie, also die Bauchspiegelung, bei der Proben gewonnen werden und die Erkrankung dann auch behandelt werden kann.
Was sind die Folgen einer Endometriose, gibt es Langzeitschäden?
Endometriose ist in vielen Fällen als chronische Erkrankung zu verstehen, die sich mit mehr oder weniger ausgeprägten Symptomen über den Zeitraum von der Menarche (erste Blutung) bis zur Menopause (letzte Blutung) erstreckt. Je nach Ausprägung der oben genannten Symptome können psychische und soziale Folgen entstehen. Liegt eine ausgeprägte Endometriose vor, bei der auch Organe wie Harnblase, Ureter und Enddarm infiltriert sind, kann es auch zu Schäden an diesen Organen kommen. Gerade diese Befunde lassen sich durch Operationen gut behandeln, aber natürlich können auch operative Eingriffe langfristige Folgen haben. Die Erkrankung Endometriose kann aber auch wesentlich problemloser verlaufen und Langzeitfolgen können durch die medikamentösen und operativen Therapien vermieden werden.
Wie wird eine Endometriose behandelt? Ist eine Operation nicht zu vermeiden oder gibt es alternative Therapieformen?
In vielen Fällen ist die operative Entfernung der sichtbaren Endometrioseherde angemessen und effektiv, denn gerade bei größeren, tief-infiltrierenden Herden kann die Operation in spezialisierten Zentren die Problematik hervorragend lösen. Aber auch hormonelle Therapien können die Symptome einer Endometriose lindern. Dies kann vor oder nach Operationen Anwendung finden, auch, um die weitere Ausdehnung der Erkrankung zu verlangsamen.
In einigen Fällen kann auf operative Maßnahmen verzichtet werden und eine rein medikamentöse Therapie zum Einsatz kommen. Die hormonellen Therapien mit Gelbkörperhormonen können beispielsweise sehr effektiv sein – leider aber auch manchmal Nebenwirkungen auslösen.
Weitere wichtige Bestandteile der Behandlung können Hormonspiralen, Schmerztherapie, Osteopathie, Akupunktur, pflanzliche Komplementärmedizin, Ernährungsumstellungen, Psychotherapie und vieles mehr sein.
Die Therapie der Endometriose sollte immer entsprechend der Situation der Patientin (Kinderwunsch, Lebensalter, Symptomatik usw.) individuell bestimmt und gemeinsam definiert werden. Dafür sind ein ausführliches Gespräch mit der Patientin und das gemeinsame Bestimmen des Therapieziels unerlässlich. Die Aufklärung über alle Alternativen der Behandlung gehört also unbedingt immer dazu.
Was kann man selbst tun? Hat die Ernährung Einfluss auf Entwicklung oder Verlauf, helfen Nahrungsergänzungsmittel?
Ich glaube, eine wesentliche Grundlage ist die persönliche Achtsamkeit, insbesondere in Bezug auf die Beschwerden und den Glauben daran, dass etwas nicht stimmt. Die Verzögerung eines Behandlungsbeginns kann so vielleicht vermieden werden.
Eine gesunde Ernährung ist grundsätzlich vorteilhaft, aber eine spezielle Diät allein kann das Problem Endometriose meist nicht beseitigen. Wie bereits erwähnt sieht die Behandlung sehr unterschiedlich aus. Und so können auch persönliche Lebensstile sehr verschiedene Auswirkungen auf die Erkrankung und den Umgang mit dieser haben.
Es wäre wünschenswert, dass wir zukünftig mehr Erkenntnisse über die komplementärmedizinischen Ansätze haben und so hoffentlich neue effektive Behandlungsstrategien neben OP und Hormonen hätten.
Unser Tipp: Himbeerblättertee-Kur
Himbeerblättertee kann krampflösend wirken, die Beckenbodenmuskulatur lockern und die Gebärmutter entspannen. Daher wird Himbeerblättertee wie unser Mama Bio Himbeerblättertee Frauen oft ab der 37. Schwangerschaftswoche zur sanften Einleitung der Geburt empfohlen. Außerdem wirken die in Himbeerblättertee enthaltenen Phytohormone zellregulierend und unterstützen den Aufbau der Schleimhäute. So kann eine Himbeerblättertee-Kur auch bei Endometriose Beschwerden lindern und therapiebegleitend eingesetzt werden. Besprecht das am besten mit eurer/eurem behandelnden Arzt oder Ärztin!
Endometriose vor/während/nach der Schwangerschaft – was bedeutet die Diagnose für den Kinderwunsch?
Eine sehr gute Frage. In den meisten Fällen können Frauen trotz Endometriose Kinder bekommen. Zwar kann Endometriose einen negativen Einfluss auf die Fertilität haben, aber dies muss nicht zwangsläufig zu Kinderlosigkeit führen. Bei Problemen können operative und medikamentöse Therapien helfen oder ein Kinderwunschzentrum mit modernen reproduktionsmedizinischen Techniken unterstützen.
Für den Kinderwunsch ungünstig auswirken kann sich allerdings leider die Kombination aus einer sehr ausgeprägten Endometriose und – Verzeihung – dem für eine Schwangerschaft verhältnismäßig “hohen” Lebensalter ab 36, 37 Jahren.
Während der Schwangerschaft gibt es meist keine Probleme. Zwar können tief-infiltrierende Endometriosen auch zu geburtshilflichen Problemen führen, aber dies ist nur selten der Fall und die Expertinnen und Experten im Zentrum klären hierüber individuell auf.
Was raten Sie Betroffenen?
Eine Behandlung sollte grundsätzlich vom ersten Tag an in einer spezialisierten Klinik und/oder Praxis erfolgen. Die Klinik sollte über erfahrene Expertinnen und Experten in Ultraschall und OP-Techniken bei Endometriose verfügen und hinsichtlich der Erkrankung ganzheitlich beraten. Unnötige Doppel-Operationen sollten vermieden werden.
Es ist immer gut, wenn eine Patientin gut vorbereitet in die Sprechstunde kommt. Beratung zu all diesen Themen können Patientinnen auch bei der Endometriose-Vereinigung Deutschland e. V. erhalten.
Und ich persönlich bedanke mich für das Vertrauen der Patientinnen und wünsche allen Betroffenen einen möglichst beschwerdefreien Weg.
Auch wir bedanken uns und bei Ihnen, Herr Dr. med. Krentel für das interessante, informative und hilfreiche Gespräch und wünschen Ihnen beruflich wie privat alles erdenklich Gute!